Über uns


In einer Welt voller Elend und Ungerechtigkeit soll eine Gemeinschaft entstehen, in der von der Gesellschaft längst fallengelassene Menschen Hoffnung und neuen Lebenssinn finden und in Harmonie zusammenleben können. Verstossene und verwaiste Kinder sollen in der Pflegefamilie Liebe, Fürsorge und Geborgenheit erfahren, eine Schule besuchen und sich ihren Fähigkeiten entsprechend entwickeln können. Suchtkranke, missbrauchte und misshandelte Kinder sollen erfolgreich rehabilitiert und wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden.


Island Kids Philippines setzt sich seit 2007 nachhaltig und mit Nächstenliebe für diese Vision sowie für schwerkranke Menschen aus ärmsten Verhältnissen ein. Als Initiant des Hilfswerkes will ich interessierten Menschen Einblick in unsere tägliche Arbeit und die damit verbundenen Probleme, Schicksalsschläge, Erfolge und Glücksmomente geben - ich will Sie an unserer Geschichte teilhaben lassen.




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Monday, March 28, 2011

Daisy - Das Leiden hat ein Ende



Heute Morgen um ca. 09:00 Uhr CH-Zeit erlag die achtjährige Daisy Galope im Madonna and Child Hospital in Cagayan de Oro ihrer schweren Krebserkrankung. Ich hatte das Mädchen eine Woche vor meiner Abreise in Richtung Schweiz im Provincial Hospital (dem grösseren der beiden öffentlichen Spitäler) kennengelernt. Als ich Rose, eine unserer Mütter, welche gerade die Gallensteine herausoperiert hatte, besuchte, bat mich der Vater von Daisy mit Tränen in seinen Augen um Hilfe. Daisy war zu diesem Zeitpunkt in einem schrecklichen Zustand; sie war am Verhungern, litt an einer Lungenentzündung und an extrem starken Schmerzen im Bereich ihres vom Krebs zerfressenen Beines. Wenn Daisy nicht ohnmächtig war, versuchte sie, mit arg verzerrtem Gesichtsausdruck die Tränen zurückzuhalten. Ging dies aufgrund der starken Schmerzen nicht mehr, wimmerte sie pausenlos und rief nach ihrer Mutter, welche vor einem Jahr verstorben ist. Daisy hatte seit Tagen keine Medikamente mehr erhalten, da Vater und Bruder kein Geld mehr hatten und die nächsten Verwandten rund drei Fahrstunden von Cagayan de Oro entfernt wohnen. Die Ärzte besuchten sie nur noch selten und ihr schwaches Schmerzmittel konnte den extremen Schmerzen längst nicht mehr entgegenwirken. Das Mädchen so leiden zu sehen, war unerträglich. Ich besorgte umgehend die notwendigen Medikamente und suchte nach dem behandelnden Arzt. Daisy war bereits seit Monaten im Spital, trotzdem wurde erst nach unserem Eingreifen eine zuvor entnommene Biopsieprobe ausgewertet - Diagnose Krebs im Endstadium. Mit Daisy begann ein erneuter Kampf um das Leben oder zumindest ein erträglicheres und menschenwürdigeres Sterben. Wir besorgten täglich die notwendigen Medikamente und Flüssignahrungsmittel, halfen dem Vater bei Daisy’s arg vernachlässigter Körperpflege, sprachen mit Ärzten und dem Pflegepersonal, besuchten sie morgens und abends, sangen für sie im Spital, beteten mit ihr, lasen Geschichten vor, motivierten sie zum Essen und zum Weiterkämpfen, und brachten sie schliesslich am Tage meiner Abreise in Richtung Schweiz in ein Privatspital, wo sie von einem Onkologen und weiteren Spezialisten untersucht werden konnte. Es war aber bereits zu spät; für Daisy gab es medizinisch keine Hoffnung mehr.


Kurz nach meiner Abreise und nachdem sie im Privatspital untersucht worden war, zogen Daisy, ihr Bruder und ihr Vater in meinem Zimmer im Shelter-Home ein, wo Daisy von da an palliativ und mit Alternativmedizin betreut bzw. behandelt wurde. Ihr Schmerzmittel war jetzt auf Morphinbasis, was die Schmerzen zumindest am Anfang etwas vermindern konnte. Ich hatte in den vergangenen Wochen dank Skype und Mobiltelefon täglich Kontakt zu Daisy, sang und betete mit, wenn ihre Angehörigen, unsere Pflegeeltern, unsere Volontäre und unsere Kids mit ihr sangen und beteten. Für zwei Wochen hatte Daisy wieder ein Leuchten in ihren Augen. Sie sang bei den Liedern mit - wenn sie nicht zu müde war - und sprach mit mir am Telefon oder über Skype. Ich sang für sie „Ikaw ang kusog“ (du bist meine Kraft) und versuchte sie stets aufzumuntern. Bereits im Spital hatte ich jeweils den Clown gemacht, motivierende Geschichten erzählt, kraftgebende Lieder gesungen und Daisy dabei ab und zu sogar zum Lächeln gebracht. Am Ende meiner Besuche betete ich jeweils für sie, wobei sie meistens einschlief. Nach dem Verlassen des Spitals versteckte ich mich dann jeweils im Auto und heulte mir den Schmerz von der Seele. In der vergangenen Woche verschlechterte sich ihr Zustand täglich und schliesslich stündlich. Das Schmerzmittel wurde in der absoluten Maximaldosis verabreicht und dennoch hatte Daisy jetzt unerträgliche Schmerzen. Sie konnte nicht mehr Essen und bekam schliesslich auch zu wenig Sauerstoff. Gestern brachte Virgie sie deshalb zurück ins Spital, wo sie, zusammen mit ihrem Bruder und dem Vater, ihre letzten Leidensstunden verbrachte. Jetzt ist der Kampf ausgestanden, Daisy muss nie wieder leiden.




Einen Tag nachdem ich mich von Daisy im Spital verabschiedet hatte, schrieb ich während meinem Flug von Manila nach Abu Dhaby ein Gedicht für sie. Diese Zeilen kamen mir ganz spontan in den Sinn, sodass ich sie, mit meiner Cebuano-Bibel als Unterlage, auf die Rückseite meines E-Tickets schrieb:

Poem for Daisy


Daisy o Daisy, child of God
Steep is thy way, narrow thy road
Daisy o Daisy, how sweet is thy smile
Though you are tired you’re walking the mile

Daisy o Daisy, child of God
How brave thou art in carrying on
Daisy o Daisy, sunshine of ours
Let us bear with you to lighten the hours

O Father in heaven, ELOHIM of men
Forgive us our sins; hear our prayers for we honor the lamp
As two or three of us stand, be in our midst and lend Daisy your hand

Have mercy o God; take off pain and sorrow and restore your child
Let angels sing and healing bring
For Daisy the sunshine, a new life shall begin

Heal her o YAHWEH, heal her fast
For long is her suffering and burdened our hearts
Save her precious life, if this is your will
Knowing your power in quietness and trust
We shall wait; faithful and still

Daisy our sunshine, our Love will always remain
Love never gives up nor perishes away
Climb up to the peak and never surrender
For thy will is strong and HIS Love is tender

Daisy o Daisy, how sweet is thy smile
YAHSHUA is with you, while walking the mile.

Das vergangene Jahr, vor allem aber die vergangenen Monate, waren sehr intensiv. Emotionen wie Freude, Trauer, Wut, Ratlosigkeit aber auch viel Hoffnung und unbeschreibliche Glücksgefühle standen einander ungewöhnlich nahe und wechselten sich regelmässig ab - eine Achterbahn der Emotionen. Während die einen tot geglaubt zu frischem Leben erwachen und Heilung erfahren, müssen andere schreckliche Schmerzen ertragen und viel zu jung sterben. Roseve, Jasmine, Clarissa, Roderick, Varve und Daisy stehen für Kinder, denen grosses Unrecht angetan wurde oder die unbeschreibliche Schmerzen ertragen mussten. Sie sind nur die Spitze des Eisberges, und täglich müssen abertausende von Kindern in einer ungerechten Welt leiden. IKP konnte diesen sechs Kindern sowie zahlreichen anderen Kindern und auch erwachsenen Menschen in ihren schwersten Stunden beistehen und ihnen ihre Menschenwürde zurückgeben. Varve singt und tanzt wieder, Clarissa hat eine Familie gefunden, die sie liebt, und Jasmine hat ihre Rehabilitation bald abgeschlossen. Roderick und Daisy haben uns verlassen, dabei standen wir ihnen jedoch bei und wir kämpften zusammen mit ihnen bis zum Schluss. Roseve war alleine in ihrer schwersten Stunde (Mädchen aus dem Agora-Outreach, wurde 2008, im Alter von 7 Jahren, vergewaltigt, mit Eisenstangen geschlagen und mit zehn Messerstichen erstochen), wir konnten ihr nicht beistehen. Zuvor durfte sie jedoch mit uns schöne Momente erleben, und im Leben zählen eben diese schönen Momente.